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Baulandpolitische Beschlüsse, DS 49, 49a und 49b, 2018

Rede von Susanne Bay am 23.03.2018

In Baden- Württemberg wohnt man gerne, hier gibt es gute Arbeitsplätze, gute Lebensqualität. Deshalb ist die Bevölkerung zwischen 2011 und 2015 auch um 3,6 % gewachsen und wächst weiter. Und wenn man in Ba Wü schon gerne wohnt, so wohnt man da in HN am allergernsten. Die Bevölkerung in HN ist im gleichen Zeitraum sogar um 5 % gewachsen. Das sind Daten aus der Prognos Studie. HN gehört nach dieser Studie zur Wohnversorgungskategorie A, Definition: sehr angespannter Wohnungsmarkt, mit sehr starkem Arbeitsmarkt bzw überdurchschnittlicher Arbeitsplatzdichte.

Das bringt uns in Zugzwang in vielen Bereichen, auch z.B. Mobilität, nicht nur beim Thema Wohnen, aber um das geht es heute. Denn die Zahl der Wohnungen ist im Gegensatz zur Bevölkerung nur um 2,5 % gestiegen.  Konkret in Heilbronn geht es darum, dass also bereits 2016 ca 2.200 Wohnungen fehlen, das ist heruntergerechnet die Zahl aus der Prognosstudie zur Wohnbaulücke – ohne den aufwachsenden Bedarf.

Und so es ist gut, dass es nun um baulandpolitische Grundsatzbeschlüsse geht. Die Verwaltung hat bereits 2014 umfassend und gründlich Zahlen erhoben, und 2015 ein Handlungsprogramm Wohnen aufgelegt. Bis dahin alles seh gut. Nach diesem Programm sollen zu den 200 Wohnungen, die durchschnittlich im Jahr gebaut werden in HN einmalig 800 weitere kommen bis 2020. Dieser Zeitplan ist nunmal schon leider nicht zu halten. Jetzt ist es 2018 und der Nonnenbuckel, in dem viele dieser Wohnungen entstehen sollen wird nach Lage der Dinge erst ab 2020 an den Start gehen. Und wir müssen uns anschauen, welche Art Wohnungen wir brauchen: es fehlt in Heilbronn vor allem an Wohnraum im unteren Preisniveau und an gefördertem Wohnraum. Und die Zahl derer, die einen Wohnberechtigungsschein erhalten können, steigt ständig, die Einkommensgrenze bei einer 4 köpfigen Familie liegt bei 66.400 €. Wie insbesondere dieses Segment zu versorgen ist, dazu hat wiederum das Handlungsprogramm viele gute Ideen zusammengestellt. Dafür danken wir den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stabstelle Strategie um Herrn Berggötz, die hier datenmäßig und ideenmäßig  richtig gut Grund gemacht haben.

Dann beginnt das Problem, bzw ich kann sagen, das Ärgernis.

Seit Jahren drängen wir Grünen darauf, dass sich der Gemeinderat endlich mit diesen möglichen baulandpolitischen Grundsatzbeschlüssen befasst. Immer wieder wurden wir vertröstet und hingehalten. In dieser Zeit wurde ein Bebauungsplan nach dem anderen, genau 22 Stück von 2014 bis 2017 an den Start gebracht im Innenbereich und auch im Außenbereich, bei denen einfach so weiter gemacht wurde wie bisher, nämlich:

Dass die Stadtsiedlung, ohne die soziale Einrichtungen und Menschen mit kleinerem Geldbeutel schon seit Jahren quasi aufgeschmissen wären, allein für geförderten Wohnraum sorgen soll mit selbstauferlegten Quoten und dass es keine Regeln gibt, wie auch andere Akteure bei der Bedienung dieses wichtigen Segments mit einbezogen werden. Beispiel gefällig? In einer Baulücke in der Weststraße werden 28 Wohnungen gebaut. Davon 50 % gefördert in Selbstverpflichtung, das macht die Stadtsiedlung. Da haben wir auch zugestimmt.  In der Jägerhausstraße werden 88 Wohnungen gebaut, geförderter Wohnraum 0 %. Und dann lesen wir, dass das Ziel gemischte Quartiere sind und die Wohnraumversorgung im unteren Preissegment schnell besser werden soll.

Wir Grünen haben dann, schon beim Aufstellungsbeschluss, und tun es auch heute wieder, für die Jägerhausstraße eine Quote beantragt, und wir haben das der Diakonie als Grundstückseigentümerin auch so gesagt. Auch auf der Schanz westlich Heidelberger Straße sind wir aktiv geworden in Sachen Quote. Leider ohne Mehrheit in diesem Gremium, auch ohne Zustimmung der SPD.

Ein Argument, was wir uns dann immer anhören müssen ist, dass wir keine Quote bringen können, weil die Investoren sich nicht darauf einstellen konnten. Dafür haben Sie, und das werfen wir Ihnen vor, durch ihr langes zögerliches Agieren selbst gesorgt. Und dafür werden Sie auch in Zukunft sorgen mit ihren Vorschlägen:

Zu einem jeweils von Fall zu Fall zu entscheidenden ich zitiere „Anteil –- das Wort Quote wird tunlichst vermieden - an öffentlich geförderten Mietwohnungen mit Belegungsrechten und Mietpreisbindung zwischen 0 und 100 % (Was heißt eine Quote von 100 %? Ganz sicher kein durchmischtes Quartier!) will die Verwaltung künftig Vorschläge machen. Was heißt das? Es geht grad weiter wie bisher, die -Zitat-  „Einbeziehung weiterer Beteiligter am Wohnungsmarkt wird mit dem Ziel der Bereitstellung von förderfähigem Wohnraum  intensiviert. Bitte ? Wann hat in Heilbronn das letzte Mal jemand außer der Stadtsiedlung eine geförderte Wohnung gebaut? Und eine Intensivierung von 0 selbst um 100 Prozent bleibt 0.

Und nun zu Ihnen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der SPD, sie sind ja Ideengeber für den obigen Vorschlag der Verwaltung. Es ist nett von Ihnen, dass Sie versuchen in großkoalitionärer Zuneigung die CDU mit einer Quote, die auch schon bei ihrem gemeinsamen Antrag nicht so heißen darf,-  da kann ich mir die geführten Verhandlungen schon richtig bildlich vorstellen-  ins Boot zu holen. Aber es kann doch nicht ihr Ernst sein all denen, die händeringend eine bezahlbare Wohnung suchen erklären zu wollen, dass je nach Lage die Verwaltung einen Vorschlag macht, wo vielleicht irgendein Anteil an gefördertem Wohnraum genehm sein könnte. Und das als Partei, die sich – zumindest haben wir das so verstanden – der sozialen Chancengerechtigkeit verpflichtet fühlt. Wo ist ihr Selbstbewusstsein, wo ihr Mut und ihr Gestaltungswille, die Probleme in unserer Stadt zu lösen? Stattdessen machen sie einen Vorschlag, mit dem sie der Verwaltung allen Gestaltungsspielraum geben und von dem sie wissen müssen, dass er uns der Lösung der Wohnraumfrage keinen Millimeter näher bringt. Der Gipfel ist dann noch, dass sie gleichzeitig verlangen, dass 100 geförderte Wohnungen im Jahr in HN gebaut werden. Wie soll das gehen mit den weichgespülten Vorschlägen, die sie gleichzeitig für die Realisierung machen? Wie sie in der DS lesen können, traut sich die Stadtsiedlung zu, in den oben schon erwähnten 5 Jahren 240 bis 320 solcher Wohnungen zu bauen. Wo sollen dann die 100 im Jahr herkommen, die sie fordern. Immerhin: sie können sagen: wir haben eine Zahl gesetzt. Zu deren Erreichung aber, tragen sie mit ihren Vorschlägen erst mal nichts bei. Das gleiche gilt für CDU und FWV, allerdings wundert es uns hier nicht so sehr, ihre Neigung zur zielführenden Schritten in dieser Sache war ja bisher auch nicht besonders ausgeprägt.

Wer also möchte, dass in HN in Sachen gefördertem Wohnraum und günstigen Wohnungen was vorangeht, der oder die kann und muss unseren Vorschlägen zustimmen:

Wir drehen nämlich die Beweislast um, nicht die Verwaltung macht in jedem Einzelfall Vorschläge, sondern es gibt eine Quote, auf die man sich einstellen kann, die man vorher kennt.  Und Herr Hinderer, es ist ganz einfach…Wir fordern mindestens 30 % in Gebieten, in denen nur Geschosswohnungsbau realisiert wird und 20 % in anderen Gebieten. Das heißt, bei uns wird es natürlich weiter Eigenheimbau geben, wir wollen niemandem vorschreiben, wie sie oder er zu wohnen hat. Aber wir erreichen so, dass in allen Neubaugebieten auch Geschosswohnungsbau realisiert wird. Herr Randecker, hier sollten Sie gut zuhören - Das klassische lebensphasenorientierte ausschließlich mit Eigenheimen bebauten Wohngebiete wird weiterentwickelt. Das hat neben der Tatsache, dass die gewünschten gemischten Quartiere entstehen auch noch folgenden Vorteil: In einem Wohngebiet entstehen Wohnungen, in die Menschen aus den Eigeneheimen, wenn sie der Garten überfordert und die Treppen zu viel sind, einziehen können, ohne ihre gewohnte Wohnumgebung verlassen zu müssen. Sie machen dann möglicherweise verstärkt und lieber Eigenheim frei, in denen junge Familie dann eine Heimat finden. Das ist bei der demografischen Entwicklung kein zu vernachlässigender Aspekt.

Wir sind aber nicht halsstarrig und eigensinnig. Deshalb wird es auch bei unserem Modell Möglichkeiten geben, die Quote zu verändern. Dafür muss es aber gute Gründe geben, zB die Nichtverfügbarkeit von Förderprogrammen und anderes. Aber dies wird dann im Gemeinderat, immerhin das Hauptorgan der Gemeinde, diskutiert und entschieden.

Das Argument, dann baut keiner mehr, können wir nicht nachvollziehen. Viele Städte, die bisher mit einer Quote arbeiten, beweisen das Gegenteil. Aber wir haben nicht einfach die Quoten von Ludwigsburg, München oder Ulm übernommen, sondern eine an die Heilbronner Gegebenheiten angepasste.

Und wir halten es auch gesamtgesellschaftlich für vertretbar und geboten, dass sich auch andere als die öffentliche Hand- nichts anderes ist ja die Stadtsiedlung auch - mit dem Thema Wohnraum im preiswerteren Segment befassen. Gerade auch Bauträger und Investoren verlassen sich, wenn sie ihre Wohnungen in HN verkaufen- und dieses Geschäft neidet ihnen niemand, auch solche Wohnungen werden gebraucht - auf die hiesige Infrastruktur. Diese wird von Menschen wie Altenpflegerinnen, Krankenschwestern, Bäckereiverkäuferinnen, Frisören und vielen mehr aufrecht erhalten. Diesen Menschen dann ein Wohnen in HN nicht zu ermöglichen, ist aus unserer Sicht eine Schieflage, die von allen gemeinsam abgewendet werden muss. Wohnraumversorgung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und entscheidend für den sozialen Zusammenhalt.

Und umsonst muss ja niemand eine geförderte Wohnung bauen. Es gibt ein stark verbessertes Förderprogramm des Landes seit 1.4.2017 mit 250 Mio. im Jahr.- ab 1.4. 2018 wird es noch besser werden. Vereinfacht gesagt bietet es Zuschüsse gegen Wohnungsverbilligung bei einer möglichen Rendite von bis zu 4 %. Das ist doch auch nicht gerade nichts. Sie haben sicher  gelesen, ein Viertel nicht abgerufen, dann kann man eine skandalisierende Geschichte draus machen oder man sagt , drei Viertel sind abgerufen, dann ist das ein Erfolg, nachdem jahrelang in vielen Kommunen dies überhaupt kein Thema mehr war und erst wieder eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden muss. Auch Heilbronn hat bisher wenige Anträge gestellt-24- aber es liegen bei der Stadtsiedlung ja – wir haben es gehört- für die nächsten Jahre Pläne vor. Das ist gut so. Und ich höre immer wieder von Seiten der Bauverwaltung, dass das Programm nicht gut sei…gerne würde ich mal wissen, wie genau sie sich damit beschäftigt haben und gerne würde ich mit ihnen darüber ein Gespräch führen. Ich kenne das Programm im Detail und…es ist erst jetzt wieder – noch weiter verbessert -  in der Anhörung zum 1.4. von den Mitgliedern der Wohnraumallianz – dem breiten Beteiligungsportal des Landes bei dem Thema – allseits gelobt worden.

NUR: hier auf kommunaler Ebene werden viele der Weichen gestellt, dass das Programm abgefragt wird, wir haben entsprechende Anträge gestellt.

Da möchte ich kurz noch auf einen weiteren eingehen: um eine Quote rechtssicher zu erleichtern und Grundstücksspekulationen einzudämmen, fordern wir eine vorausschauende Grundstückspolitik, bei der die Stadt ab einer bestimmten Gebietsgröße alle Grundstücke besitzen muss, bevor ein Bebauungsplan aufgestellt wird.  Weiter möchten wir, dass über die Inanspruchnahme des städtischen Vorkaufsrechts bei Grundstücken einer bestimmten Größe der Wirtschaftsausschuss entscheidet. Jetzt kommt sicher das Argument, das geht nur für die Aufgabenerfüllung der Stadt.  Hierunter ist das zur Verfügungstellen von Grundstücken für Bauleitplanung genauso zu zählen wie der Ankauf von Gebäuden für eine neue Straßenführung, die vielleicht mal irgendwann kommt oder auch nicht.

Ich komme aus Zeitgründen zum Schluss, unsere weiteren Anträge liegen ihnen ja vor,

Lassen Sie uns gemeinsam mutig das Thema Wohnraumversorgung angehen. Ich bitte Sie, Stimmen Sie unseren Anträgen zu. Und kommen Sie mir nicht mit dem Argument, dass die Wohnraumversorgung nur regional gesichert werden kann und deshalb Heilbronn nicht mit einer Quote alle anlocken und versorgen kann. Das Wohnraumprogramm des Landes richtet sich seit Neuem an alle Kommunen im Land, das war bis 2016 nicht der Fall. Und im Programm der MLR werden dieses Jahr 67 Mio für den ländlichen Raum ausgeschüttet. Also auch die sogenannten Kragengemeinden können geförderten Wohnraum realisieren. Eine konzertierte Aktion mit dem Landkreis ist also schon das Richtige und dazu fordern wir Sie hiermit auch auf. Aber nicht richtig ist, wenn die größte Stadt weit und breit darauf wartet, dass jemand anders mit einer Quote beginnt, Schub auf die Problemlösung zu bringen. Und Ihr Argument, Herr Oberbürgermeister, dass das Land weitere Regelungen an die Kommunen für die Bauleitplanungen aussprechen soll, wundert mich jetzt schon. An anderer Stelle verbitten Sie sich oft eine derartige Einmischung des Landes in die kommunale Gebietshoheit.

Wenn wir aber baden gehen, was ja nach Lage der Dinge und trotz aller Appelle auszurechnen ist, finden wir nicht alle Vorschläge der Verwaltung schlecht - Konzeptvergabe z.B. finden wir gut. Aber eine Flexi-Scheinquote gehört dazu ganz sicher nicht.

Vielen Dank

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